Offener Brief vom 24.02.2014

Offener Brief an den Bürgermeister der Gemeinde Hengsberg, Herrn Johann Mayer


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Am 27. 1. 2014 haben wir Ihnen eine Unterschriftenliste, unterzeichnet von 44 Bewohnern (mittlerweile 48 Bewohnern) quer durch den Ortsteil Komberg der Gemeinde Hengsberg überreicht. Die Unterzeichner lehnen den geplanten Siedlungswohnbau „SüdSüdWest“ und generell Siedlungswohnbauten im Ortsteil Komberg ab. Begründet wird die Ablehnung damit, dass solche Bauten nicht ins dörfliche Ortsbild passen, dem Dorfcharakter nicht entsprechen, mit übermäßiger Lärm- und Verkehrsbelastung verbunden sind und sich unsere Lebensqualität verschlechtert.

Wohnanlagen dieser Art entsprechen nicht der Widmung als „Dorfgebiet“ des Flächenwidmungsplanes und die Bewohner fühlen sich durch solche Wohnanlagen belästigt. Freundlicherweise hat sich die Umweltanwältin des Landes Steiermark, Frau Hofrätin MMag. Ute Pöllinger bereit erklärt sich die Situation vor Ort anzusehen. Das Resultat ist, dass wir die vollinhaltliche Zustimmung der Initiative durch die Umweltanwältin erhalten haben und Sie auch ein entsprechendes Schreiben erhielten.

Das zwischen Ihnen und den Unterzeichnern durchgeführte Gespräch am 5.2.2014 und auch das allgemeine, schon länger geplante Dorfgespräch am 12.2.2014 haben uns jedoch Ihrerseits eine klare Ablehnung unserer Ansichten vermittelt. Auf unsere Anliegen wurde nicht eingegangen, sondern auf Zuständigkeiten anderer sowie auf laufende Verfahren hingewiesen. Die Ablehnung der Initiative und das absolute Unverständnis sich substanziell mit unserem Anliegen auseinanderzusetzen, hat die Initiatoren doch sehr aufmerksam werden lassen und wir haben uns generell Gedanken über die Entwicklung in unserer Gemeinde gemacht. Das Fehlen einer positiven Reaktion Ihrerseits auf unsere Anliegen hat uns schlussendlich dazu bewogen, uns mit unserer Initiative an die Öffentlichkeit zu wenden.
Das Bauvorhaben SüdSüdWest war der Auslöser, um die Bau- und Entwicklungstätigkeit der Gemeinde zu hinterfragen und genauer hinzuschauen. Dieses Hinterfragen ergab ziemlich schnell und auch sehr übereinstimmend den Eindruck, dass es der Gemeinde um ein rasches Wachstum der Bevölkerung durch massiv geförderten Zuzug in Form von verdichteten Wohnanlagen geht.
Die damit verbundenen Nachteile und Zerstörung der Lebensqualität spielen für die Gemeinde offensichtlich keine Rolle. Das möglichst starke Wachstum wird als alleinselig- machend angesehen, die Kritik an dieser Politik wird nicht ernst genommen. Die Auseinandersetzung mit der Bevölkerung, ob sie diesen extremen Wachstumskurs überhaupt will, wird von der Gemeinde als nicht notwendig erachtet. Wohin diese einseitige Betrachtungsweise von Gemeinden führt, kann man an zahlreichen Gemeinden in der Steiermark sehen. Hier wurden dem gedankenlosen Wachstumsglauben jegliche Lebensqualität geopfert.
Die beiden Gespräche am 5.2.2014 und 12.2.2014 haben ganz deutlich gezeigt, dass die Gemeinde nicht bereit ist, die dringend notwendige Grundsatzdiskussion mit der Bevölkerung zu führen, bevor unumkehrbare Bautatsachen geschaffen werden. Ganz im Gegenteil haben wir den Eindruck, dass genau diese unumkehrbaren Fakten geschaffen werden sollen.
Das Dorfgespräch am 12.2. 2014 war eine Veranstaltung ohne wirklich relevanten Informationsgehalt bezüglich des örtlichen Entwicklungskonzeptes 4.0. Auf die weitere geplante Ortsentwicklung wurde selbst auf konkrete Anfragen nicht eingegangen.
Nur in Ortschaften die noch einen intakten Dorfcharakter haben, wie in Komberg, können wir für die Zukunft noch etwas positiv beeinflussen. Ein einmal zerstörter Dorfcharakter ist unwiederbringlich verloren.
Abschließend möchten wir Ihnen noch eine nähere Definition in 10 Punkten unseres Anliegens vortragen.

  1. Der Ortsteil Komberg (Gemeinde Hengsberg) ist eine der wenigen Orte in der Südsteiermark, der sich noch einen einheitlichen dörflichen Charakter erhalten hat und dieser Dorfcharakter soll auch erhalten bleiben
  2. Die derzeitig vorhandene hohe Lebensqualität an Ruhe, locker bebauter Landschaft, geringer Verkehrsbelastung in weiten Teilen der Gemeinde sowie der hohe Erholungswert sollen erhalten bleiben. Eine bereits beim Bürgermeister eingebrachte Gemeindeinitiative des Ortsteiles Komberg unterstreicht diese Forderung
  3. Die behutsame Entwicklung neuer Bauplätze von innen nach außen unter Berücksichtigung des Baulandbedarfs der Bewohner von Hengsberg
  4. Bebauen von gewidmeten Grundstücken mit Bauten, die in Größe, Widmung und Bauform dem dörflichen Charakter entsprechen
  5. Keine Siedlungshäuser/Siedlungswohnbauten/verdichtete Wohnanlagen
  6. Das Wachstum soll behutsam und organisch aus den vorhandenen Strukturen erfolgen
  7. Ein nicht mit dem Dorfcharakter vereinbares Wachstum ist klar abzulehnen
  8. Es soll kein quantitatives sondern ein qualitatives Wachstum angestrebt werden
  9. Ein Wachstum hat zumindest die Lebensqualität der Bewohner zu bewahren oder sogar zu verbessern
  10. Wir fordern die Berücksichtigung des uns aktiv und permanent zustehenden Mitspracherechts bei der künftigen Entwicklung der Gemeinde

Wir ersuchen Sie, sich mit den Sorgen, Bedenken und Forderungen der Bevölkerung im Allgemeinen und der Gemeindeinitiative Komberg im Besonderen, verantwortungsvoll und ergebnisoffen auseinanderzusetzen.

Stellvertretend für die Gemeindeinitiative

Hans-Jörg Kohnhauser Hans-Peter Maurer Sandra Prutsch Renate Wallner

Hengsberg, Ortsteil Komberg, 24.02.2014